Positionierung zum Angriffskrieg in der Ukraine
Kriege, wie diese nicht nur in der Ukraine, sondern in vielen Regionen der Welt tägliche Realität sind, zerstören Leben und traumatisieren Menschen. Besonders Kinder und Jugendliche leiden aufgrund ihrer besonderen Verletzlichkeit und fehlenden Selbstwirksamkeit unter Kriegen. Sie werden aus ihrem Sozialgefüge herausgerissen, werden von Elternteilen und Familienmitgliedern getrennt, können nicht zur Schule gehen und verlieren ihre Sorglosigkeit und ihr Vertrauen in ein sicheres Umfeld und den Schutz durch völkerrechtliche Grundordnungen.
Kinder, die Krieg miterleben, leiden oft ihr Leben lang unter Traumata, Verlustängsten und Vertrauensproblemen - und sind in ihren späteren Entscheidungen davon beeinflusst. Und das in einer Welt, in der die Zukunft von Kindern und Jugendlichen durch die Klimakrise ohnehin schon heikel ist.
Der Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine ist ein Bruch des Völkerrechts und die Leidtragenden sind vor allem Zivilisten. Millionen Menschen verlieren ihre Heimat, ihr Zuhause, ihren Alltag, Familienangehörige und Freund*innen oder gar ihr Leben. Wir verurteilen diesen Krieg auf Schärfste und solidarisieren uns mit allen Menschen, die unter diesem Krieg leiden, allen voran der ukrainischen Bevölkerung. Für viele Ukrainer*innen, die in der Ukraine bleiben, aber auch für diejenigen, die Zuflucht in anderen Ländern suchen, sowie auch Menschen weltweit, die auf der Flucht sind, sind die Perspektiven ungewiss. Es ist nicht abzusehen, wie die Situation in der Ukraine sich entwickelt. Viele, die vor dem Krieg flüchten, wissen nicht, ob sie in ihre Heimat zurückkehren oder in dem neuen Land bleiben werden.
Diesen Unsicherheiten, die viele Menschen gerade durchleben, wollen wir mit Verständnis begegnen und uns zu folgenden Themen positionieren:
- Wir begrüßen die unbürokratische Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland, um den Menschen, die zu uns kommen, ihre Lebenssituation zu erleichtern. Vor allem sollen Kinder und Jugendliche schnell in unser Bildungssystem intergiert werden, um weiterhin eine angemessene Ausbildung erhalten zu können. Wir sehen, dass diese Behandlungen nicht allen geflüchteten Menschen gleichermaßen zukommen und nehmen eine starke Ungleichbehandlung wahr. Deshalb fordern wir diese unbürokratische Aufnahme für alle Geflüchteten.
- Wir verurteilen Rassismus und Diskriminierung aufs Schärfste. Wir wollen nicht, dass dieser Krieg unsere Gesellschaft weiter spaltet. Geflüchtete sollen unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung und Geschlecht Heimat bei uns und in anderen europäischen Ländern finden. Wir verurteilen die Ungleichbehandlung von Geflüchteten und vor allem die Gewalt, die People of Colour und LGBTQIA+ Menschen in Kriegen erleiden müssen.
- Wir verurteilen ebenso Antislawismus aufs Schärfste. Dies ist der Krieg Putins und nicht der Krieg der russischen Bevölkerung. Wir verurteilen jegliche Generalisierung und sehen, dass Menschen in Russland sich mit der Ukraine solidarisieren und gegen den Krieg protestieren, obwohl ihnen harte Strafen drohen. Wir sind für konstruktive Kritik an den Stellen, wo sie von Nöten ist und setzen uns für ein Europa ein, das sowohl vielfältig als auch bunt ist und zusammenhält. Wir erwarten von allen Verantwortungsträger*innen in Kirche, Gesellschaft und Politik ein aktives Eintreten für die Beendigung des Krieges und Frieden und die Suche nach Dialog. Dabei sollen die Bemühungen darauf ausgerichtet sein, dass das Opfer des Angriffs, die Ukraine, in ihren Positionen und Forderungen unterstützt wird. Es kann kein (Diktat)-Frieden gegen den Willen der Ukraine geben.
- Wir verurteilen die Position des Patriarchen Kyrill, dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, der den Angriffskrieg auf die Ukraine und die Taten Putins verteidigt. Seine Ansichten verstoßen fundamental gegen unsere allgemeinen christlich-ethischen Vorstellungen, insbesondere dem Prinzip der Nächstenliebe. Wir begrüßen daher, dass sich die westeuropäischen Auslandsgemeinden der russischen Orthodoxie von ihrem Patriarchen distanzieren.
- Wir befürworten alle Maßnahmen zur Unterstützung von Hilfsorganisationen vor Ort in der Ukraine, den Aufbau von Infrastruktur vor Ort und einen Plan für den Wiederaufbau des Landes nach Beendigung des Krieges.
Mit dieser Positionierung verbinden wir für uns einen Auftrag:
- Als KSJ werden wir uns in die friedenethischen Diskussionen in Politik, Gesellschaft und Kirche und insbesondere in die des BDKJ einbringen.
Denn: „Frieden kann […] nicht durch Gewalt herbeigeführt werden.“ (Plattform These 25)
(Beschlossen auf der Bundeskonferenz 2022)