Position: Queer-Pastoral in den deutschen Diözesen und Erzdiözesen

Die katholische Kirche in Deutschland steht an einem Scheideweg: Während gesellschaftliche Entwicklungen zunehmend für die Anerkennung und Gleichberechtigung queerer Menschen eintreten, bleibt die institutionelle Kirche in vielen Bereichen hinter diesen Fortschritten zurück.
Die Queerpastoral, also die seelsorgliche und pastorale Begleitung von LGBTQ+- Personen im kirchlichen Raum, gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Sie stellt nicht nur eine theologische und pastorale Herausforderung dar, sondern auch eine Chance für die Kirche, ihre Botschaft der Liebe und Würde aller Menschen glaubwürdig zu verkörpern und die Botschaft „Gott schuf alle nach seinem Ebenbild“ (Genesis 1,27) zu verbreiten.
Der Kirchenpolitische Ausschuss der KSJ setzt sich mit den aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven der Queerpastoral in Deutschland auseinander.
Anlass für die Beschäftigung mit dem Thema „Queerseelsorge“ ist die Aussage von Papst Franziskus beim Weltjugendtag in Lissabon aus dem Jahr 2023: „Die Kirche ist für Alle, Alle, Alle (Todos!).“ Damit forderte er eine offene Kirche, die alle Menschen willkommen heißt und ihnen einen Raum bietet.
Allerdings findet sich diese Haltung noch nicht in dem Handeln der Amtskirchen wieder. Queere Menschen werden weiterhin von den Gemeinden ausgeschlossen und haben somit auch keinen Zugang zur Seelsorge oder anderweitiger Teilhabe am gelebten Glauben. In unserer Plattform vertreten wir die Grundlage, dass niemand aufgrund von geschlechtlicher und sexueller Identität diskriminiert wird. Wir als KSJ sehen uns in der Pflicht, diese Missstände offen zu diskutieren und aktiv an einem Wandel mitzuwirken.
Erfreulicherweise gibt es seit Dezember 2024 einen positiven Prozess der vom sogenannten „Netzwerk Queerpastoral“ angestoßen wurde, welches sich mit der Ausbildung der pastoralen Mitarbeitenden Queerseelsorge zu leisten, beschäftigt. Als KSJ leben und unterstützen wir Diversität und möchten diesen Prozess mit befeuern, indem wir uns damit beschäftigen, welche Angebote es bereits zu diesem Thema in den verschiedenen Diözesen gibt. Zudem wäre auch ein Austausch mit dem Netzwerk Queerseelsorge interessant. Wir beauftragen in diesem Sinne die Bundesebene auf unserer Website eine Infoseite zu diesem Thema zu verfassen, um diese Initiative weiter zu unterstützen und unsere Mitglieder zu informieren.
Es gibt weiterhin Diözesen, die bislang keine Beauftragten für die Queerseelsorge benannt haben. Viele Queer-Pastoral-Beauftragte haben zudem neben dieser Aufgabe weitere Tätigkeiten, die sie wahrnehmen müssen, was ihre Kapazitäten stark einschränkt. In manchen Diözesen sind die Beauftragten nicht für alle queeren Menschen zuständig, sondern nur für bestimmte Teilgruppen.
Wir fordern, dass alle Diözesen und Erzdiözesen die Seelsorge für alle queeren Menschen ernst nehmen und sie nicht auf kleinere Teilgruppen beschränken. Zudem müssen die Beauftragten in einem Umfang eingesetzt werden, der sicherstellt, dass sie ihre Aufgabe gut wahrnehmen können, und der die Wertschätzung der Zielgruppe erkennen lässt.
Das sehen wir als besonders wichtig an, weil unser christliches Menschenbild davon ausgeht, dass Gott alle Menschen ohne Ausnahme liebt und sie so geschaffen hat, wie sie sind. Dabei berufen wir uns auch auf die Thesen 151, 162 und 223 der Plattform.
/verabschiedet beim Bundesrat I 2025 (Frühjahrsrat) vom 28.3.2025 - 30.3.2025